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Was ist eigentlich «Verhaltensbeobachtung»?

Verhaltensbeobachtung ist eine Methode der Psychologie und den Sozialwissenschaften, bei der das Verhalten von Menschen systematisch und objektiv erfasst wird. Was hat die Verhaltensbeobachtung mit Begabungs- und Begabtenförderung zu tun? Dies erfährst du in nachfolgendem Blogbeitrag.

Vorweg eine Begriffsklärung:

Begabungsförderung:

Diese bezeichnet die Förderung der persönlichen Stärken. Sie ist für alle Menschen, unabhängig vom intellektuellen Potenzial relevant und sollte allen Kindern in der Schule zustehen.

Begabtenförderung:

Diese steht im schulischen Kontext für die Förderung von Kindern mit besonders hohem intellektuellen Potenzial.

Zurück zur Verhaltensbeobachtung:

Das Ziel der Verhaltensbeobachtung ist es, detailliertere Informationen über das Verhalten des Menschen zu sammeln, um es zu verstehen und zu analysieren. Allenfalls wird auf Grund dieser Beobachtungen angestrebt, das Verhalten zu verändern.

Was ist bei der Verhaltensbeobachtung wichtig:

  • Das Verhalten wird nach festgelegten Kriterien und manchmal auch in festgelegten Zeiträumen dokumentiert.
  • Beobachtungen sollen objektiv sein, was jedoch sehr schwierig ist. Es gibt unzählige Einflüsse, welche die Objektivität eines beobachtenden Menschen verzerren.
  • Die Verhaltensbeobachtungen können zwei verschiedene Arten von Daten liefern: qualitative oder quantitative Daten. Quantitative Daten zeigen die Häufigkeit bestimmter Verhaltensweisen auf.

Beispiel: Wieviele Male läuft B. während einer Unterrichtsstunde zum Abfalleimer, um den Bleistift zu spitzen?

Hier kann klar der Zeitrahmen und eine Strichliste fürs Bleistiftspitzen definiert werden. Daneben können qualitative Daten geliefert werden. Diese liefern eine detaillierte Beschreibung eines besagten Verhaltens.

Beispiel: Ich vermute, das Kind langweilt sich während der besagten Unterrichtsstunde. Ich notiere sein Verhalten, was das Kind macht, wie es reagiert, was es sagt etc. detaillgetreu.

Verhaltensbeobachtungen werden in verschiedenen Bereichen eingesetzt, wie beispielsweise in der Kinderpsychologie, in der Marktforschung oder im Bildungswesen.

Was hat das alles mit der Begabungs- und Begabtenförderung zu tun?

Wenn es darum geht, die Potenziale eines einzelnen Menschen ausfindig zu machen, dann führt uns der Weg immer auch zur Verhaltensbeobachtung. Dabei kann es sich um zufällig gemachte Beobachtungen handeln. So wie diese Eltern, Lehrpersonen oft machen.

Beispiel: Ein Vater erzählt: „L. hat gestern auf dem Schrottplatz einen alten Laptop gefunden und diesen mitgenommen. Seit L. nun diesen Laptop zuhause demontieren darf, ist er komplett vertieft in seinem Element. Das oft dagewesene Verhalten Zuhause (nörgeln, ständig quengeln, unruhig sein…) hätte sich gelegt, stattdessen sei L. hoch fokussiert am Zerlegen der einzelnen Teile des Laptops und vergesse beinahe, zwischendurch etwas zu essen.“

Diese soeben benannte Beobachtung wurde nicht geplant, sie geschah situationsbedingt, zufällig. Dagegen können Beobachtungen inszeniert werden. Wir können eine Situation zur gezielten Beobachtung nutzen.

Beispiel: Wie interagiert F. jeweils während Partnerarbeiten in der Schule? Diese Situation kann vorgeplant und bewusst beobachtet werden.

 

Der Mix aus systemischer, gezielten Verhaltensbeobachtung und zufällig erhaschten Verhaltensbeobachtungen ist ein wesentlicher Bestandteil der Identifikation von Begabungen.

In vielen Köpfen herrscht noch der Mythos, dass beispielsweise eine Hochbegabung mit einem IQ-Test im Rahmen einer Potenzialsabklärung diagnostiziert werden kann. Ja, ganz falsch ist das nicht. Mit standartisierten Tests, wie sie oft beim Schulpsychologischen Dienst durchgeführt werden, können wichtige Details über das Potenzial eines Menschen herausgefunden werden. Somit ist die Testung mit einem normierten Testverfahren ein wesentlicher Bestandteil der Begabungsdiagnostik. Das daraus resultierende Ergebnis stellt immer eine Momentaufnahme dar. Deshalb ist es unerlässlich, für eine umfassende Diagnostik oder Erkennung des Potenzials eines Menschen, die Verhaltensbeobachtungen beizuziehen. Sie liefern enorm wichtige Informationen. Während standardisierte Intelligenztests und Leistungstests oft zentrale Instrumente zur Feststellung von Hochbegabung sind, bieten Verhaltensbeobachtungen zusätzliche, kontextunabhängige Informationen, die Tests nicht erfassen können.

Hochbegabte Kinder zeigen oft besondere soziale und emotionale Verhaltensweisen, wie z.B. eine hohe Sensibilität oder Perfektionismus. Diese Merkmale können durch gezielte Beobachtungen in verschiedenen Alltagssituationen besser erfasst werden. So liefert eine detaillierte Verhaltensbeobachtung ein umfassendes Bild, das die Testergebnisse ergänzt und die individuellen Stärken und Schwächen aufzeigt. Auch können regelmässige Langzeitbeobachtungen Entwicklungsverläufe und Veränderungen im Verhalten aufzeigen, die für die Diagnostik der Hochbegabung relevant sind.

Aufgrund oben beschriebener Wichtigkeit der Verhaltensbeobachtung empfehle ich Lehrpersonen und Eltern die gemachten Beobachtungen in Bezug auf ein Kind aufzuschreiben. Dabei ist zu unterscheiden, dass Lehrpersonen dies im Rahmen ihres Berufsauftrages oft mit anderen Beobachtungsinstrumenten tun, als Eltern. Wenn es darum geht, das Kind ganzheitlich zu erfassen, so sind die Verhaltensbeobachtungen in Bezug auf das individuelle Kind in verschiedenen Kontexten wichtig:

Schule, Familie, Freizeit. Wie verhält sich das Kind wo, in welcher Situation, umgeben von welchen Menschen?

Gelingt es Eltern, spannende Beobachtungen für sich festzuhalten (z.B. in Form einer Tagebuchnotiz), können diese wichtige Grundlagen für ein Fachgespräch in der Schule oder zur Erkennung des individuellen Potenzials liefern. Denn je detaillierter, präziser das Verhalten eines Menschen beschrieben werden kann, je besser können daraus auch Fördermöglichkeiten abgeleitet werden.

Welche Möglichkeiten gibt es, Verhaltensbeobachtungen festzuhalten?

Es gibt eine Vielzahl von Tools und Methoden, hier nur einige gängige Werkzeuge und Techniken die angewendet werden können:

  • Beobachtungsprotokolle: Notizen oder standardisierte Formulare
  • Checklisten: Listen mit vordefinierten Verhaltensmerkmalen die beobachtet oder abgehakt werden können / schnelle Art der Erfassung
  • Tagebücher

Schliesslich entscheidet die persönliche Vorliebe und/oder die Beobachtungsabsicht darüber, welche Technik für die Verhaltensbeobachtung bevorzugt wird.

Ich wünsche allerseits einen guten Blick für spannende Situationen.

Brauchst du ein neutrales, beobachtendes Augenpaar mehr, um auf das Potenzial oder die Schulsituation deines Kindes zu blicken? Melde dich bei mir für einen Beratungstermin.

1 Kommentar/-e

  • Dina Mazzotti
    Posted 11. Juli 2024 um 22:59

    Prima Zusammenstellung! Verhaltensbeobachtungen empfehle ich den ratsu chenden Eltern auch immer! Eine saubere Dokumentation bringt unheimlich viel und ist eine wichtige Ergänzung zur IQ-Testung.

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