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Was Schwämme mit Begabtenförderung und Exzellenz zu tun haben

Potenzialentfaltung ist ein Thema, das mich schon lange beschäftigt. Was braucht es, um über sich hinauszuwachsen und die verborgenen Möglichkeiten in sich selbst und anderen zu entdecken? Auf der Suche nach Antworten fiel mir das Buch Hidden Potential – Die Wissenschaft des Erfolgs in die Hände. Der Titel und das Versprechen „Wie man über sich hinauswächst“ klangen vielversprechend.

Doch es war nicht nur die Wissenschaft, die mich zum Nachdenken brachte. Eine einfache, aber eindringliche Metapher stach hervor: der Schwamm. Wie passt dieses scheinbar unscheinbare Wesen in den Kontext von Begabtenförderung und Exzellenz? Und was lässt sich aus der Lektüre des Buches über Erfolg und Wachstum lernen? In diesem Blog lade ich Sie ein, mit mir die faszinierende Verbindung zwischen einem Schwamm und dem Streben nach persönlicher und gemeinschaftlicher Größe zu erkunden.

 

 

Als Forschende die Meeresschwämme entdeckten, hielten sie diese zunächst für Pflanzen. Oft sehen sie auch aus wie Sträucher; sie sind fast völlig ortsfest und haben kein Gehirn, keine Nerven, Organe oder Muskeln. Doch sie leben nicht vom Sonnenlicht, sondern nehmen Nahrung auf wie Tiere. (vgl. Grant, 2024, S. 61 ff.) Wenn Sie jetzt an einen Meeresschwamm denken, kommt Ihnen so etwas wie ein Küchenschwamm in den Sinn, der alles um sich herum aufsaugt. Aber Meeresschwämme nehmen nicht nur passiv Nahrung und Sauerstoff auf; geschickt filtern sie giftige Stoffe und ungesunde Partikel aus. Ihre Geisseln, die wie winzige Härchen aussehen, erzeugen Strömungen, mit denen sie Nährstoffe einfangen und Bakterien ausstossen können. Sie nehmen Wasser durch ihre Aussenwände auf und stossen es durch eine Art Miniaturmund aus. Sie können sogar Schleim durch ihre Poren ausniesen. Manche Meeresschwämme können über 2000 Jahre alt werden. Obwohl ihr Körper weich und porös sind, verfügen sie über eine stabile und langlebige Skelettstruktur.

Wenn Schwämme durch starke Strömungen beschädigt oder von Raubtieren gefressen werden, treiben sie nicht unbedingt davon und sterben. Einige Arten können sich mit Hilfe einer Überlebenskapsel regenerieren. Dabei handelt es sich um Zellen, die die Entwicklung eines neuen Schwamms ermöglichen, sobald sich die Bedingungen verbessern. Diese Fähigkeit, zu absorbieren, zu filtern und sich anzupassen, ermöglicht es Schwämmen, zu wachsen und zu gedeihen.

Auch für Menschen ist es sehr wichtig.

 

Wie ein Schwamm zu sein ist mehr als nur eine Metapher. Es ist eine Charaktereigenschaft, eine Form der Proaktivität, die unerlässlich ist, um das verborgene Potenzial auszuschöpfen.

 

Besser zu werden hängt nicht von der Menge an Informationen ab, mit denen Sie sich beschäftigen, sondern von der Qualität dessen, was sie aufnehmen. Wachstum hat weniger damit zu tun, wie hart man arbeitet, als damit, wie gut man lernt.

 

Also, das heisst für das Lernen in der Schule in meinen Augen, dass es entscheidend ist, wie die Qualität der Schulsituation ausschaut und damit, wie grundsätzlich die Lernumgebung gestaltet ist. Begeisterte Menschen sind grundsätzlich wie Schwämme. Sie saugen Informationen in ihrem Interessengebiet regelrecht auf. In diesem Moment des „Schwamm-Seins“ erübrigt sich die Diskussion, ob Kinder und Jugendliche motiviert fürs Lernen seien. Sie denken schon gar nicht darüber nach, dass sie am Lernen sind. Es geschieht einfach. Für alle, welche Kinder in ihrem Lernen und ihrer Entwicklung begleiten dürfen, heisst dies, dass wir die Verantwortung tragen, den Lernenden Freiräume fürs „Schwamm-Sein“, für das Lernen an eigenen Interessen zu schaffen. Beim Sammeln von Informationen, welche im Prozess zu tragen kommen, spielt eine weitere „schwammhafte“ Eigenschaft eine zentrale Rolle. Es wird in der Sozialwissenschaft Absorptionsfähigkeit genannt. Dabei handelt es sich um die Fähigkeit, neue Informationen zu erkennen, zu bewerten, aufzunehmen und anzuwenden. Im digitalen Zeitalter stellt dies eine zentrale Kompetenz dar, um sich in den Fluten von Informationen zu orientieren.

Dabei kann man auf zwei Arten mit der Absorptionsfähigkeit umgehen:

Reagieren Sie einfach auf Sachverhalte, mit denen Sie in Berührung kommen, oder gehen Sie proaktiv vor, um sich neue Kenntnisse, Fähigkeiten und Perspektiven anzueignen? Lediglich auf äussere Reize zu reagieren, führt dazu, dass nichts Neues in den Kreislauf eingespeist wird, dass man also in einer schützenden Blase verharrt. So schränkt man sich den Zugang zu neuen Informationen ein und blockt jeden Input ab, der das eigene Image bedroht.

Wenn man dagegen proaktiv ist, öffnet einem das die Tür zu mehr Informationen. Man ist dann kein passiver Konsument mehr, sondern sucht aktiv nach Neuem, nach Informationen – wie ein Schwamm.

Ideal ist, wenn Menschen proaktiv und entwicklungsorientiert sind; dann werden sie zu Schwämmen. Sie ergreifen konsequent die Initiative, um ihre Fühler auszustrecken. Dazu gehört auch die Initiative, um subjektive Handlungsempfehlungen anderer einzuholen. Schwämme sind keine Einzelgänger.

 

Ein Schwamm zu sein ist nicht nur eine proaktive, sondern auch eine prosoziale Fähigkeit. Wenn man es richtig macht, geht es nicht nur um die Aufnahme von Nährstoffen, die unser Wachstum fördern. Es geht auch darum, Nährstoffe freizusetzen, damit andere wachsen können.

 

Dies könnte bedeuten, dass Menschen mit besonders hohem Potential ihr Wissen teilen, anderen helfen, ihre Herausforderungen zu meistern, oder innovative Lösungen für gemeinschaftliche Probleme entwickeln. Genau wie ein Schwamm, der Nährstoffe freisetzt, damit seine Umgebung gedeihen kann, können auch begabte Menschen eine Schlüsselrolle dabei spielen, Wachstum und Fortschritt in ihrem Umfeld zu fördern. Diese prosoziale Komponente macht Begabung zu einem multiplikativen Faktor – Talente inspirieren und stärken andere, wodurch ein positiver Kreislauf des Lernens und der Entwicklung entsteht.

Ein Mensch mit hohem Potential, der diese Schwamm-Metapher lebt, erkennt, dass wahre Exzellenz nicht allein darin besteht, möglichst viel aufzunehmen, sondern auch darin, den Kreislauf von Geben und Nehmen aktiv zu gestalten. Dies erfordert emotionale Intelligenz, Empathie und die Fähigkeit, langfristig an einer gemeinschaftlichen Vision mitzuwirken. So wie Schwämme nicht nur die Ozeane reinigen, sondern auch das Leben darin fördern, können begabte Menschen eine nachhaltige und tiefgreifende Wirkung auf ihre Gemeinschaft und darüber hinaus haben.

 

Am Ende dieser Reise durch das Bild des Schwammes und die Erkenntnisse aus Hidden Potential bleibt eine klare Botschaft:

 

Potenzialentfaltung ist kein zufälliger Prozess, sondern eine bewusste Kombination aus Aufnahme, Verarbeitung und Weitergabe.

 

Wie ein Schwamm können wir wachsen, indem wir aktiv Nährstoffe aus unserer Umgebung aufnehmen – Wissen, Inspiration und Unterstützung. Doch wahres Wachstum geschieht erst, wenn wir das Aufgenommene sinnvoll einsetzen und etwas davon an andere zurückgeben.

Vielleicht liegt genau darin die wahre Wissenschaft des Erfolgs: in der Kunst, ein Schwamm zu sein – für uns selbst und in der Begabtenförderung mit den Lernenden an unseren Schulen. Offen für Neues, anpassungsfähig, resilient und bereit, das eigene Wachstum mit der Welt zu teilen.

 

Verwendete Literatur:

Grant, A. (2024). Hidden potential: Die Wissenschaft des Erfolgs: wie man über sich hinauswächst (M. Fleißig & V. Topalova, Übers.). Piper.